Die Glenburgie-Glenlivet Distillery macht kein Aufhebens vonsich. Sie liegt am Ende einer kleinen Straße in Morayshirezwischen Forres und Elgin, ohne auch nur ein Hinweisschild. Esist eine Brennerei, die bildlich gesprochen den Kopf gesenkthält und ihre Arbeit tut.
Das hat seinen Grund. Glenburgies Aufgabe besteht darin,zuverlässig und effizient Malzwhisky hoher Qualität fürWhiskyblends herzustellen und seine besonderen Qualitäten an dieGeschmackspalette von Ballantine's und anderen wie denExportblend Old Smuggler weiterzugeben. Die Besitzer, AlliedDistillers, füllen den Glenburgie nicht als Single ab, obwohl erschon von Gordon & McPhail und, natürlich unverdünnt, alsdie Nr. 71 der Society als Single abgefüllt wurde.
Da fast der gesamte Glenburgie in den Blends"verschwindet", die dem schottischen Whisky zuinternationalem Erfolg verhelfen, wollen wir nun von einem Whiskyaus derselben Brennerei sprechen, den es fast nicht mehr gibt.Aber nicht ganz.
Er heisst Glencraig. Zwischen 1958 und 1981 hatte dieGlenburgie-Glenlivet Distillery zwei verschiedene Pot StillPaare: das eine Paar hatte den bekannten"Schwanenhals", das andere kürzere, zylindrischeHälse. Es waren sogenannte Lomondbrennblasen.
Aufgrund des unterschiedlichen Charakters der darinproduzierten Whiskys - reichhaltiger und schwerer, auch wenn siederselben Maische entstammten - erhielt das Produkt einen anderenNamen: Glencraig. Seit die Lomondbrennblasen 1981 durch"Schwanenhälse" ersetzt wurden, ist natürlich keinermehr produziert worden. Daher ist die Societyabfüllung diesesWhiskys, die Nr. 104, Zeugnis einer verschwindenden Kunst.
In den fünfziger Jahren gehörte Glenburgie zu Hiram WalkersGruppe schottischer Whiskybrennereien. Es war eine Zeit derWhiskyexperimente. Man versuchte, den Charakter und Stil derWhiskys einer Firma durch Brennblasen zu variieren, die den"Rückflußmechanismus" beeinflußten, indem schwerereDämpfe in den Kondensator gelangten.
Zu diesem Zweck wurde die Lomondbrennblase entworfen.Hergestellt wurden sie von Kupferschmieden in Govan, Glasgow undpaarweise bei Glenburgie, Miltonduff und Inverleven installiert.(Es heißt, daß nur noch eine Lomondbrennblase - eine WashStill, die zusammen mit einer traditionellen SpiritStill arbeitet - in Betrieb ist, und zwar bei der ScapaDistillery in Orkney.)
Bei Glenburgie-Glenlivet wurde der Whisky aus denLomondbrennblasen nach dem verstorbenen Willie Craig, demProduktionsleiter der Firma, benannt. Sein Sohn Bill, der jetztin Ruhestand getreten ist, nachdem er Hauptgeschäftsführer derMaltwhiskybrennereien von Hiram Walker geworden war, erinnertsich an diese Episode. Und auch an die Tatsache, daß nicht alleMalzwhiskykenner überzeugt waren, daß die Lomondbrennblasen denCharakter des Whiskys signifikant veränderten.
Darüber läßt sich lange streiten, besonders natürlich,wenn Sie selbst den Nr. 104 bestellt haben. Es wird ihn wohlnicht mehr lange geben, denn die Lomondbrennblasen mußtenauseinander genommen werden, bevor sie Glenburgie verließen.Diese interessante Brennerei wurde 1810 gegründet und wird heutevon Brian Thomas geleitet.
Es gibt ein Überbleibsel aus dieser Zeit. Weil derGlencraig aus den Lomondbrennblasen vom anderen Glenburgiegetrennt gehalten werden mußte, brauchte man zwei separateAlkoholbehälter und Auffanggefäße. Diese gibt es noch. Dadurchist Glenburgie wahrscheinlich die einzige kleine Brennerei mitnur zwei Paaren Brennblasen, die in den Genuß dieser doppelteAusführung kommt.
Unter Glenburgies anderen historischen Relikten ist daswinzige Häuschen, das ursprünglich die Büros und später denKeller für die Whiskyreifung beherbergte. Es zeigt, wie sehr dieWhiskyindustrie gewachsen ist!
Sie hat sich auch verändert. Eine Tür, die einst die Kammerverschloß, wo die Steuerbeamten ihre Hydrometer und anderenInstrumente zur Messung des Staatsanteils aufbewahrten, erinnertan die Zeit, als jede Brennerei ihren eigenen Steuereinnehmerbeherbergte. Auf der Rückseite dieser Tür haben Generationenihre Namen eingeritzt, wie es früher Schulkinder auf ihrenPulten zu tun pflegten.
In der modernen Whiskyherstellung hat Glenburgie-Glenliveteine weitere Besonderheit. Es ist eine der wenigen Brennereien,wo im Maischestadium viermal Wasser zugegeben wird, statt derüblichen dreimal..
Das erste Wasser wird mit 63,5 GradCelsius in den Maischebottich gepumpt. Das dauert zwei Stunden.Schließlich gelangt die Maische ins Gärungsstadium. Das zweiteWasser, das mit 95 Grad aus einem kleineren Tank kommt, wird vonoben eingesprüht, um eine gute Mischung mit demKörner"bett" zu erreichen. Die Temperatur des"Betts" erreicht nun 80 Grad. Die Maische wird dann zurFüllung von einem Washback verwendet.
Anschließend wird noch zweimal Wasser in den Maischebottichgespritzt. Nun hat die Temperatur den Kochpunkt erreicht. DasWasser entzieht der Maische die letzten Spuren von Zucker undwird als erstes Wasser im nächsten Zyklus wiederverwendet.
Brian Thomas ideales Endprodukt ist ein süßlicher,fruchtiger und esteriger Whisky. Er glaubt fest an die guteWirkung von Hefe auf den fertigen Whisky und verwendet zweiBrenner- und zwei Bierhefen für jede Gärung, was ungewöhnlichist.
Wir hoben den Deckel von einem der 13 Gärkessel und schautenhinein. Die Gärung war zurückgegangen, und wir sahen einendichten, cremigen Schaum, der die Bräune eines italienischenFußballspielers hatte. "Genau, wie es sein soll,"sagte Brian. Es roch wunderbar. Gott, ich hätte gern ein Glasdavon getrunken, dabei war es noch nicht einmal destilliert. Ichsog den Duft tief ein. Ich kann ihn heute noch riechen.
Anthony Troon
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