Anthony Troon findet, daß alte Werteweiterleben in der Speyside-Brennerei, die vierzig Kilts in ihrenSchränken hat.
Ich schaute die alten Hauptbücher im Büro des Managers derKnockando-Glenlivetbrennerei durch. Dort fand ich in einemzierlichen Eintrag vom 30. Mai 1898 die Zahlen, die zeigten, wiealles begann. Scheffel Malz - 224, Gallonen Wash - 4484,Rest im Lager - null. Verbleibender Nachlauf - null. DieTatsache, daß kein Nachlauf von der letzten Destillation übrigwar, sprach für sich. Es war der Bericht über den erstenMalzwhisky, der in der Brennerei, die heute Weltruf genießt,erzeugt worden war.
Die Hauptbücher von Knockando, ledergebunden und gewichtig,mit einem feierlichen Gefühl altmodischer schottischerRechtschaffenheit, sind wie durch ein Wunder erhalten geblieben.Sie wurden in einem Nebengebäude, das gerade abgerissen werdensollte, gefunden. Ihre detaillierten, aufschlußreichen Zahlenspiegeln die Hoffnungen und Ängste, die mit dem Aufbau einerneuen Malzwhiskybrennerei verbunden waren.
Als ich in den schweren Seitenblätterte, empfing der Manager von Knockando, Innes Shaw, einenTelefonanruf und ging zu seinem Computer. Er loggte sich ein; esfolgte ein Austausch von Anweisungen über das Handy. DerComputer begann seitenweise Statistiken auszuspucken. Wir warenam Ende eines anderen Jahrhunderts angelangt, aber mir wurdebewußt, daß wir trotz aller technologischen Veränderungen, vonFeder und Tintenfaß bis zum Mikrochip, eigentlich noch dasselbeüber dasselbe unvergleichliche Produkt sagten.
Das Dorf Knockando ist abseits und wunderschön gelegen. Dochwenn man durch die winzigen Siedlung fährt, befindet man sich aneinem bedeutenden Ort, denn die drei Malts, die in der Nähedestilliert werden, gelangen als Bestandteile der meistverkauftenBlends in die ganze Welt. Der größte Teil des Knockando wirdfür J&B Rare verwendet, der weltweiten Nr. 2. Der Cardhugelangt in den meistverkauften Whisky, Johnnie Walker, und derTamdhu ist ein wesentlicher Teil von Famous Grouse.
Einen derartigen kommerziellen Erfolgließ sich der Gründer der kleinen Brennerei, J. Thompson Esq.,Spirituosenhändler aus Elgin, nicht träumen, als er den erstenEintrag in das erste Hauptbuch von Knockando vornahm. Er solltedie Früchte seiner Arbeit nicht lange genießen. Es waren harteZeiten für die Whiskyindustrie, und nach zwei Jahren stellte dieBrennerei die Produktion ein. 1904 wurde sie von W & AGilbey's für die lächerliche Summe von £3500 gekauft.
Wenn man von der Straße auf das Gelände der Brennereiabbiegt, scheint es, als habe man ein eigenes Dorf erreicht. Daist eine Reihe ordentlicher Hütten für die Arbeiter und(ursprünglich) die ansässigen Steuererheber, die inherrschaftlicher Pracht von den etwas größeren Häusern derleitenden Angestellten überragt werden.
Ein Zeitungsbericht über die Eröffnung der Brennerei im Jahr1898 stellt eine erstaunliche Verbindung zur Gegenwart dar. Einerder beiden Zimmerleute, die beauftragt worden waren, ist als"Innes, Knockando" eingetragen. Es handelt sich um denmütterlichen Urgroßvater des heutigen Brennereimanagers. DieserUrgroßvater hatte drei Söhne. Einer übernahm die Schreinerei,einer wurde Leiter von Cragganmore, der dritte Steuererheber...ein deutlicher Hinweis darauf, wie wichtig die Whiskyindustriefür das soziale und wirtschaftliche Leben von Speyside war.
Heute ist die Knockando Distillery Teil von InternationalDistillers & Vintners (im Besitz von Grand MetropolitanHotels) und wird von Justerini & Brooks gemanagt. Derfreundliche Manager, Innes Shaw, ist nicht auf direktem Weg zumWhisky gekommen, sondern hat zuerstElektroingenieurwissenschaften und Informatik in Aberdeenstudiert. "Die Ingenieurwissenschaften helfen ausgezeichnetbeim Problemelösen," meint er trocken.
Doch man hätte Mühe, irgendwelcheProbleme bei Knockando zu entdecken, das ruhig und effizient eineMillion Liter Alkohol zum Wohl der Menschheit liefert. ImGegensatz zu Malzbrennereien, deren MuttergesellschaftWhiskyblends herstellt, "tauscht" Knockando seineProdukte nicht mehr mit anderen und konzentriert sich gänzlichauf J&B Rare und seine eigenen Single Malt Abfüllungen.Daher kommen die Societymitglieder nur selten in den Genuß,diesen Whisky kaufen zu können.
Wenn der Knockando als Single abgefüllt werden soll, werdenetwa 400 Fässer ausgewählt. Der Inhalt wird gemischt und etwadrei Monate "verheiratet", bevor er in die Flaschekommt. Ungewöhnlich ist, daß das Jahr der Destillation und derAbfüllung auf der Etikette erscheint. Das erlaubt den Brennern,die Zeit der Reifung zwischen etwa 12 und 14 Jahren zu variierenund zu entscheiden, wenn der Whisky auf seinem Höhepunkt ist.
1969 erhöhte die Brennerei durch einen teilweisen Umbau undein zusätzliches Paar Brennblasen ihre Kapazität. Sie bestehtdarauf, daß die gemälzte Gerste, die leicht getorft ist, ausSchottland stammen muß, normalerweise von der Insel Black Isleoder aus East Lothian. Sie wird in Ladungen à 25 Tonnengeliefert und in acht Behältern mit einem Fassungsvermögen vonje 30 Tonnen gelagert.
Auf dem Weg zum Maischbottich wird dasMehl aus der Porteous Mill mit einem ingeniösen, aber einfachenGerät gewogen, das seit 1921 getreulich seinen Dienst tut undvon W.T. Avery aus Birmingham stammt. Es wiegt das Mahlgut inPortionen von 40 kg ab, so daß 106 Portionen die erforderlichen4,24 Tonnen für das Maischen ergeben. Anschließend kommt dieMaische mit 19 Grad in die hölzernen Washbacks (die ausPrinzip immer noch aus Holz sind) und erreicht nach 46 StundenGärung eine Temperatur von 33 Grad.
Danach geht es in den Destillierraum. Die Wash Stillswerden bei Knockando intern von drei "Dampfkesseln"geheizt, während die Spirit Stills vier haben.Während der drei Stunden, die der middle cut ausläuft,wird die Temperatur der Spirit Still so weit wiemöglich reduziert, um nur die Alkohole höherer Ordnungaufzufangen.
Der "Reifeschuppen Nr. 3" ist ein weiterer Ausdruckder Traditionsverbundenheit. Der nackte Erdboden ist von losenSteinen bedeckt, die Hogsheads werden in Dreierreihengestapelt, die größeren Butts in Zweierreihen. Einweiteres ehemaliges Lagerhaus ist aufwendig in ein großzügigesBesucherzentrum umgewandelt worden. Aber Knockando-Glenlivet istnicht Teil der touristischen "Whiskystraße", und dieGäste, die herkommen, gehören der internationalenGetränkeindustrie an. Ein weiterer Beweis für KnockandosEntschlossenheit, neue Märkte zu erobern und gleichzeitig deneleganten Stil seines Whiskys zu erhalten.
Hier werden auch die 40 Kilts aufbewahrt. Gäste werdenüberredet, ihre Hosen auszuziehen und Kilts anzuprobieren. J.Thompson, der Spirituosenhändler aus Elgin, hätte sichschwerlich 40 italienische Importeure im schottischen Gewandvorstellen können. Aber vielleicht hätte er gewünscht,rechtzeitig auf die Idee gekommen zu sein.
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