Als ich fünf Jahre groß war und meineAugen auf Tischhöhe hatte, konnte ich unbemerkt bei Hochzeitenund anderen Anlässen herumstehen und die Spiele der Erwachsenenbeobachten. Ich fand, daß sie nicht besonders gut waren. Siekickten weder einen Ball herum noch spielten sie Cowboys undIndianer. Sie standen bloß herum und redeten, lachten undnippten an ihren Getränken. Doch es gab Dinge, die ein Kind ausletzterem lernen konnte. Denn die Erwachsenen geben ihren Kindernviele Signale, auch wenn sie meinen, daß sie vorübergehend freivon allen elterlichen Pflichten sind.
Wenn bei diesen formellen Anlässen das Tablett mitverschiedenen Getränken herumgereicht wurde, erwartete man, daßdie Männer sich ein Glas Whisky nahmen. Von Frauen dagegen wurdees nie erwartet. Oh nein! Wenn eine Frau sich Whisky nahm, kamenunausgesprochene Signale der Mißbilligung vom Anbieter derGetränke und den Gästen, die Zeugen dieser Wahl wurden. Die ArtMißbilligung - zusammengezogene Lippen, versteifte Schultern,hochgezogene Augenbrauen - die Kindern sehr vertraut ist. Genaudie Art Mißbilligung, auf die Kinder bei Erwachsenen so sensibelreagieren. Denn Kinder sind auf Lob begierig.
So bekam ich, wie wohl viele weibliche Wesen, die sonst ihrNationalgetränk schätzen und lieben gelernt hätten, denEindruck, daß Whisky nichts für Frauen ist. Eine Whiskytrinkende Frau ist keine Dame. Und es war offensichtlich, daßsie auch nicht zu den Männern gehörte.
Vielleicht liegt es an diesen subtilen Beobachtungen, daßviele schottische Frauen nicht die Leidenschaft der schottischenMänner für ein oder drei Gläser Malzwhisky teilen und stattdessen ihren Gaumen an Getränke anderer Länder verschriebenhaben: Tequila, Wodka, Bacardi und Gin. Die Hersteller dieserGetränke werben seit Jahren gezielt in gehobenenFrauenzeitschriften, während die Whiskyindustrie Frauen erstseit kurzem als potentielle Kunden anpeilt. Eigentlichmerkwürdig, wenn man bedenkt, wie viele selbständige Frauen esgibt, die selbstbewußt Nahrungsmittel, Wein, Autos undHypotheken erwerben.
Wenn Frauen Whisky trinken, tun sie das aus dem gleichen Grundwie Männer: weil sie ihn mögen. Also ist es interessant zuerforschen, welche psychischen Destillationen zu der Entscheidungeiner Frau führen, keinen Whisky zu trinken.
Natürlich hat die Society weibliche Mitglieder, dieenthusiastisch und redegewandt für den Whisky einstehen. Aberdiejenigen, mit denen ich gesprochen habe, stimmen mir zu, daßes ein Vorurteil gegen Whisky trinkende Frauen gibt. Es istinteressant, daß viele von ihnen Malt auf einer Hochzeitkennenlernten. Beverley Brady erinnert sich deutlich, wie ihreMutter sie bei Hochzeiten aufforderte, sie angesichts der vielentuschelnden, abfälligen Beobachter moralisch zu unterstützen,indem sie beide mit einem Glas Whisky zu Braut und Bräutigamgingen, um mit ihnen anzustoßen.
Das Vorurteil erstreckt sich jedoch auch auf den öffentlichenAusschank. Helen Sanderson sagte, daß Männer in Bars es alsungewöhnlich empfanden, wenn sie einen bestimmten Maltverlangte. "Wenn ich in einer Bar einen Malt bestelle, nimmtder Barkeeper an, daß ein Partner oder Ehemann mich geschickthat."
Helen Young stimmt dem zu, findet aber, daß die Ansichtenüber das Trinken sich geändert haben. Er seit zehn, zwanzigJahren fühlen sich Frauen sicher genug, ein Pub alleineaufsuchen. Pubs waren früher reines Männerterritorium und sindes in gewisser Weise auch heute noch. Und damit auch ein Teildessen, was dort konsumiert wird.
Helen Young erinnert sich - nicht ganz ohne Bitterkeit -, daßeine Firma, für die sie arbeitete, den männlichen Angestelltenan Weihnachten immer eine Flasche Whisky schenkte. Sie, dieeinzige Frau, bekam eine Flasche süßen Sherry. Einbeleidigender Fehlgriff, den sie bald korrigiert hatte.
Egal, was man in Schottland von Frauen mit einer Vorliebe fürMalts hält, in Amerika und Frankreich gelten sie als chic.Natürlich ist Whisky mehr wert als der oberflächliche Chiceines Modegetränks. Aber es wäre naiv, den sozialen Stellenwertzu ignorieren, den Whiskywissen mit sich bringen kann. NachdemBeverley Brady sich erfolgreich für eine Stelle beworben hatte,wurde sie gefragt, warum sie in ihrem Lebenslauf nicht ihreSocietymitgliedschaft und Wissen über Malts erwähnt hätte. Eswar ihr einfach nicht in den Sinn gekommen, was das für ihrImage bedeuten könnte. Wir reagieren heute sehr empfindlich aufjemands Image. Da wir wissen, daß wir danach beurteilt werden,wählen wir sorgfältig unser Aussehen, unser Fahrzeug und unsereGetränke. Könnte es sein, daß die subtilen Signale, die eineFrau gibt, wenn sie Whisky trinkt, nicht zu dem Image passen, dassie von sich selbst als Entscheidungsträgerin, Erfolgsfrau oderMutter hat? Vielleicht sogar ihrem grundlegenden Image als Frau.
Ein Mann, der ein Glas Malt vor sich hat, hat mit keinenSelbstzweifeln zu kämpfen. Whisky ist ein Bubenspielzeug. Es istklar, daß Frauen das jetzt ändern müssen. Bei Hochzeiten undanderen Anlässen sollten sie immer nach dem Whisky greifen. Siesollten ihn mit unverstelltem Genuß trinken. Denn vielleichtguckt gerade ein kleines Mädchen zu, fünf Jahre groß, dieAugen auf Tischhöhe, offen für wichtige Hinweise dazu, was sieeinmal trinken soll, wenn sie groß ist.
Isla Dewar
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