In der Neujahrs-Whiskyliste ging es u.a.um die Frage, wie man Whiskybeschreibungen verfaßt.Grundsätzlich hat man die Wahl zwischen zwei Stilen: wortkargoder blumig. Dies entspricht in etwa den beiden anerkanntenMethoden für jegliche Bewertung sinnlicher Genüsse, nämlichobjektiv/-analytisch und subjektiv/hedonistisch. Das ganze Themaweckt starke Emotionen, wobei die Kämpfe hauptsächlich im Lagerder Weinkenner ausgetragen werden, welche ein viel ausgefeilteresGeschmacksvokabular kennen als wir.
Die wortkarge Schule verachtet jegliche Emotionalität,Metaphern und Vergleiche. Michael Broadbent, einer der führendenWeinkritiker und Autor mehrerer Bücher zum Thema, vertritt dieAnsicht, daß es lächerlich sei, sich "übermäßig bild-und wortreich über ganz gewöhnliche Weine" auszulassen.Der große Hugh Johnson, für den die Ergüsse der blumigenSchule nach Trivialliteratur riechen, pflichtet ihm bei:"Für manche Weine braucht man keineswegs eine derartaufgeblasene Bildersprache."
Doch die blumige Schule hat zur Zeit der Oberhand. IhreVorschmeckerin ist Jilly Goolden. Für sie sind die trockenenGeschmacksangaben der Vergangenheit "herzlichunergiebig", wenn es darum geht, den Geschmack eines Weineseinem breiteren Publikum näherzubringen. Sie zieht es vor,"Geschmacksbilder" mit Vergleichen aus dem täglichenLeben zu schaffen.
Ihr Partner in der Sendung The Food Programme, OzClarke, vertritt die Ansicht, daß der wortkarge Stilletztendlich ein Überbleibsel aus den Tagen sei, als dasWeingeschäft noch weitgehend in den Händen der gebildetenOberschicht lag, die daraufhin erzogen wurde, aller Art vonEnthusiasmus und Gefühlsaus-brüchen zu mißtrauen. Er begrüßtes sogar, daß die zahlreichen Zuschauer des Food Programme ihnund Jilly Goolden dazu zwingen, auf elitäres Gehabe zuverzichten.
Wir frönen zugegebenermaßen dem Hedonismus, also der Suchenach Lust, wenn wir unsere MalzWhiskys beschreiben. Schließlichgeben sie viel Anlaß zur Sinnenfreude und, wie Pip Hills, derGründer der Society in Scots on Scotch schreibt, stehendie Whiskybeschreibungen für "... die gesammelteSubjektivität des Tasting Panel". Dennoch sind unsereBeschreibungen wertlos für Sie, liebe Mitglieder, wenn sienichts oder nur wenig mit dem tatsächlichen Whiskygeschmack zutun haben.
Aus diesem Grunde waren wir nur allzu gern bereit, unserlangjähriges Mitglied, den Lebensmittel-chemiker Colin Brown beieiner wissenschaftlichen Untersuchung der geschmacksbildendenVerbindungen in Single Malt Whiskys mit Hilfe der chemischenAnalyse für die Napier Universität, Edinburgh, mit denUnited Distillers zu unterstützen.
Er schreibt:
"Single Malt Whiskys sind chemisch komplex und enthaltenbekanntlich hunderte verschiedener Bestandteile (Kongenere), wiezum Beispiel verschiedene Alkohole, Aldehyde, Säuren, Ester undPhenole sowie carbonyl-, schwefel- und stickstoffhaltigeVerbindungen. Viele von diesen prägen den Geschmack einesWhiskys, wobei die relative Konzentration eines jeden vonleichten Unterschieden der Rohmaterialien und Produktionsmethodenabhängt. Folglich ist es möglich, jeden einzelnen Single MaltWhisky von jedem anderen zu unterscheiden, selbst wenn sie ausbenachbarten Destillerien stammen."
Die Untersuchung, die nochnicht abgeschlossen ist, begann damit, daß die relativeKonzentration der Verbindungen festgestellt wurde, diebekanntlich während der Reifung aus dem Faß extrahiert werden("Fassextraktionskongenere") sowie einer Reihe jener,die mit den Rohmaterialien und Produktionsmethoden imZusammenhang stehen ("flüchtige Phenolkongenere"). Inder Folge wurde ein Zusammenhang zwischen diesen und demwahrgenommenen Geschmack des fertigen Produkts hergestellt . Eswurden vier Whiskyproben aus vier ver-schiedenen Regionenuntersucht, und zwar: Caol Ila (Islay), Scapa (Orkney), Rosebank(Lowland) und Balvenie (Speyside).
"Fassextraktionskongenere sind überaus wichtig für denGesamtgeschmack sowie für Aroma und Farbe des fertigenGetränks. Bei der traditionellen Behandlung der Whiskyfässerwird die Innenfläche des Fasses durch Anbrennen und Verkohlungthermisch abgebaut. Damit werden drei Zwecke verfolgt:
Die Ergebnisse zeigten, daß alle vier Proben ähnlicheAnteile der Substanz Furfural enthielten, die im allgemeinen mit"Whiskygeschmack" in Verbindung gebracht wird. Derunverkennbare Holzgeschmack in der Scapaprobe ist aufSyringealdehyd zurückzuführen, welches auch im Caol Ilanachweisbar ist; die vorherrschenden Geschmacksbildner des IslayWhiskys werden allerdings weiter unten besprochen. DasBalvenie-Chromatogramm zeigt hohe Ellagsäure-Werte, bei der essich um eine Substanz handelt, die für beißenden Geruch undGeschmack bekannt ist. Anzahl und Menge von Ligninabbauproduktenin der Caol Ila-Probe weisen vermutlich darauf hin, daß einstark verkohltes Faß für den Reifungsprozess verwendet wurde.Das Vorhandensein von 5-Hydroxymethyl-Furfural im Caol Ila sollteden Tester eine leicht rötliche Färbung des Whiskys erwartenlassen."
"Die Hauptquelle für flüchtigePhenolkongenere ist der in der Whiskyproduktion verwendetegebrannte Torf. Somit überraschte es nicht, daß die CaolIla-Probe eine große Anzahl davon aufwies und zwar inKonzentrationen, die erheblich über denen der anderenuntersuchten Whiskys lagen.
Der Phenolanteil von 2,1 ppm lag fast fünfmal so hoch wie beider Rosebank-Probe, 20 mal so hoch wie für Balvenie und 200 malso hoch wie für Scapa. Phenol schmeckt medizinisch und seinNachweis in einem Islay Whisky kommt nicht überraschend.Guajakol, welches für seinen Rauch- und Phenolgeschmack bekanntist, wurde in Konzentrationen von 1,2 ppm im Caol Ilanachgewiesen, war aber kaum nachweisbar bei den anderen. WeitereUntersuchungen ergaben, daß die Verbindungen, die für"teerigen" und "desinfektions-mittelartigen"Geschmack verantwortlich waren (m-, p- und o-Kresol), in derIslay Probe eindeutig vorhanden waren, dagegen nur in relativgeringen Mengen im Rosebank, sehr geringen Mengen im Balvenie undnicht nachweisbar im Scapa. Es wurden jedoch vergleichbareKonzentrationen von Eugenol (nelkenähnlicher Geschmack) sowohlim Scapa und Caol Ila festgestellt. Alle der untersuchten Whiskysenthielten verschiedene Konzen-trationen von 4-Ethyl-Phenolund 2.5-Xylenol, die zusammen eluierten und nichteinzeln bestimmt werden konnten. Beide dieser Substanzen habeneinen ausgeprägten 'Whisky'geschmack."
Abschließend stellt Colin Brown fest: "Im Laufe derUntersuchung wurden noch zahlreiche weitere Bestandteileanalytisch bestimmt, doch wird ihr spezieller Geschmacksbeitragals untergeordnet empfunden und rundet nur den Gesamtgeschmackder einzelnen Whiskys ab. Die Analysen sollten einen Einblickgeben in die komplexe Chemie von Single Malt Whiskys und dieWirkung, die jeder der vielen hundert Bestandteile auf diecharakteristischen Eigenschaften des fertigen Produkts hat."
Wir sind gespannt auf die Kommentare unserer Leser, doch meineich, wir sollten uns bei aller Hochachtung für die Chemie anhedonistische Whiskybeschreibungen halten!
Charlie MacLean
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