Erste Begegnung mitMalzwhisky

von David Daiches



Im November 1944 traf es sich, daß ich eine Woche Urlaub inEdinburgh verbrachte. Aus alter Gewohnheit besuchte ich dieBuchhandlung Thin's Bookshop, wo ich als Student in den30er Jahren oft in den Büchern gestöbert hatte. Für denstolzen Preis von fünf Schilling (25p) erstand ich Whiskyand Scotland vom Neil Gunn (Erstveröffentlichung 1935). DasBuch sollte mein Leben verändern.

Gunns Buch ist eine spannende Einführung in die Geschichtedes schottischen Whiskys und ein leiden-schaftlicher Appell fürSingle Malts. Das Buch beschreibt die verschiedenen Malts mitihren eigentümlichen Merkmalen auf das anschaulichste. Damit gabes mir einen ersten Eindruck von der Vielfalt und Eigenheit derverschiedenen Produkte der Brennereien. Seit dieser Lektüresuchte ich ständig nach Single Malts, entschlossen so viele zuprobieren und zu genießen, wie ich nur konnte.

Während der Kriegsjahre war jede Art von Whisky schwererhältlich in Großbritannien, und es dauerte bis weit in dieNachkriegszeit, bevor wieder normale Mengen auf den Markt kamen.Single Malts waren schwer aufzutreiben. Ich glaube, es war 1946,als ich wieder einmal in Edinburgh war und bei Muirhead's in derGeorge Street (einem Wein- und Spirituosenhändler, der schonlange nicht mehr existiert, meines Wissens im Besitz vonMacdonald und Muir, die die Glenmorangie Destillerie hatten) -als ich dort also eine Flasche Glenmorangie fand, einen Whisky,den ich nie zuvor gekostet hatte. Damals begann ich meinWhiskyalbum, in dem ich die Etiketten aller gekauften Maltssammelte und mir Notizen über ihre Eigenschaften machte.

Soviel ich weiß, war ich der erste, der das Lob vonGlenmorangie sang. Als ich einige Jahre später Fellow des JesusCollege in Cambridge wurde, gelang es mir, das College dazu zuüberreden, Glenmorangie kistenweise direkt bei Muirhead's zubestellen, und er wurde zum Lieblingswhisky der Fellows. Balddrang die Kunde auch zu anderen Colleges in Cambridge, undGlenmorangie wurde bekannt in Akademikerkreisen. Eines Tages kamHugh MacDiarmid für einen Vortrag nach Cambridge. Er war desdamals üblichen Sherry überdrüssig und stellte mit Freudefest, daß ich eine Flasche Whisky in meinen Collegeräumenhatte. Zusammen konsumierten wir eine erhebliche Menge.

Meine Bekanntschaft mit Glenmorangie entwickelte sich weiter,als mein Sohn ein Mädchen aus Tain (wo die Brennerei ist)heiratete und ich anläßlich einiger Besuche bei denSchwiegereltern meines Sohnes die Brennerei gut kennenlernte.

Während all dieser Zeit suchte ich weiter nach anderen Malts,probierte so viele wie ich konnte und machte mir Notizen inmeinem Whiskyalbum. Gelegentlich stieß ich auf eineEinzelflasche eines großen Vorkriegsmalt, die auf dem oberstenRegal eines Wein- oder Kolonialwarenhändlers in Vergessenheitgeraten war, unbeachtet, bis ich sie ans Licht holte.

Der nächste Schritt auf meinem Whiskyweg ergab sich, als derVerleger André Deutsch, der mehrere meiner Bücher herausgegebenhat, Mitte der 60er Jahre zur Festivalzeit nach Edinburgh kam undmich bat, ihn doch bitte mit echtem schottischem Whiskybekanntzumachen. Ich nahm ihn also mit in die Rose Street aufeine Kneiptour. In jedem der zahllosen Pubs tranken wir SingleMalts. Den Anfang machten wir im Abbotsford mit Malts ausOstschottland. Auf unserem Weg durch die Pubs der Straßearbeiteten wir uns nach Westen durch und schlossen mit einemIslay bei Ma Scott's. Bei jedem Whisky gab ich Erklärungen undwies u.a. darauf hin, daß hier das Wasser von Torf durch Granitgeflossen sei und dort von Granit durch Torf. Ob er denUnterschied herausschmecken könnte? (Alles pure Erfindungmeinerseits.) Er nickte ernsthaft.

Es lief darauf hinaus, daß André mich bat, ihm ein Buchüber schottischen Whisky zu schreiben. Durch einen glücklichenZufall hatte ich ein Freisemester von der Universität Sussex, woich lehrte, bekommen und so konnte ich einen herrlichen Oktoberkreuz und quer durch Schottland reisen. Dabei besuchte ichBrennereien, degustierte die verschiedenen Malts und sprach mitBrennereilei-tern, Mälzern, Braumeistern und Destillateuren. Eswar eine unvergleichliche, glückliche Lehre, ergänzt durch dieLektüre von Schottlands Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Soentstand mein Buch. Aber meine Beschäftigung mit schottischemWhisky geht weiter und weiter.

Professor David Daiches ist ein langjähriger Fördererder Society und ehemaliges Mitglied des Tasting Panel.


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