Ein Weihnachtsrätsel


Drawing"Was trinkt der Weihnachtsmann? Ichstelle mir vor, er lässt sich mit Koshkenkorva vollaufen, wenner mit seinen Elfen und Rentieren daheim ist ..."

Das war der Anfang eines Artikels über Whisky fürWeihnachten, den ich für die November 1995 Ausgabe derZeitschrift Decanter geschrieben habe. Aber ich fürchte, dasstimmt nicht.

Koshkenkorva ist eine Art Schnaps aus Lappland - das habe ichvon einer Dame in der finnischen Botschaft. Aber ich glaube, daßder Weihnachtsmann Rentierurin vorzieht. Vielleicht schockiertSie das, geneigte(r) Leser(in). Lassen Sie mich erklären.

In der fernen Vergangenheit, so habe ich aus verläßlicherQuelle erfahren, tranken die samikischen Schamanen (die Samensind die Urlappen) den Urin von Rentieren, die den halluzinogenenFliegenpilz - Amanita muscaria - gefressen hatten. Die roten,weißgefleckten Pilze finden sich auch in unseren Herbstwäldern.Durch die Metabolisierung wurden die Gifte der Pilze zerstört,aber ihre halluzinogenen Eigenschaften sammelten sich im Urin.

Der Fliegenpilz war im Norden sicher allgemein bekannt. DieStoßtruppen der Vikinger, die Berserker, versetzten sich vor demKampf mit dem Pilz in einen furchtlosen Rausch. Man glaubt, daßum 600 v. Chr. die 300 Helden von den Gododdin auch Fliegenpilzebei ihrem Bankett in East Lothian verzehrten vor ihrem unseligenVersuch, den Vormarsch der Northumbrischen Angeln aufzuhalten.

Noch wichtiger für meine Suche war die Entdeckung, daß dieMantelfarben des Weihnachtsmanns -rot und weiß - die Farben desFliegenpilzes sind. Es scheint, daß der Weihnachtsmann, wie wirihn heute kennen, eine amerikanische Erfindung ist: im 19.Jahrhundert wurden in Amerika aus dem heiligen Nikolaus (Bischofvon Myra im 4. Jahrhundert und Schutzheiliger von Aberdeen) unddem nordischen Krishkringle, dem Weihnachtsmann, der die bösenKinder bestrafte und die guten belohnte, "Santa Claus",der seine Werkstatt am Nordpol hat, einen von Rentieren gezogenenSchlitten fährt, durch den Kamin kommt (ein Hinweis darauf, wieman in eingeschneite Iglus und Hütten eindringt) - und einrot-weißes Kostüm trägt.

Die Dame in der finnischen Botschaft hatte nie davon gehört,daß die Lappen Rentierurin trinken, dabei hatte sie 20 Jahre inLappland gewohnt. Eine ganze Woche befragte ich meine Freunde aufder Suche nach einer Quelle für meine perverse Information. DieGeschichte kam den meisten irgendwie bekannt vor, aber niemandkonnte mit Sicherheit sagen, wo er oder sie das schon gehörthatte.

Ein Freund, ein Botaniker, schrieb an das Institut fürBiologie und Geologie der Universität Tromsœ. Er erhieltfolgende Antwort von Dr. Nicholas Tyler: "Ich habe Nils IsalEira, einen samikischen Rentierhirten, der kürzlich einWörterbuch über die samikische Viehzucht herausgegeben hat, umRat gebeten. Er sagte, er habe nie davon gehört, daß die SamenRentierurin trinken oder essen. Er erzählte, daß die Rentieresich manchmal den LAVVO (Wigwams) nähern, um nach menschlichemUrin zu suchen, den sie fressen bzw. trinken, wahrscheinlich,weil er Salz oder Harnsäure enthält. Er hielt es für eherunwahrscheinlich, daß es einen eigenen samikischen Ausdruck gibtfür den Urin eines Rentiers, das einen bestimmten Pilz gegessenhat.

Sein Bericht erinnerte mich an etwas, das ich einmal gelesenhatte ... es ging darum, daß die Rentiere gerne den Urin vonSchamanen, die selber Fliegenpilze geknabbert hatten, fressen,wohl wegen der im Urin enthaltenen Stoffwechselreste."

Ist es also genau andersherum? Rudolf schleckt den Urin desWeihnachtsmanns, statt umgekehrt? Ich wäre äußerst dankbar,wenn irgend jemand eine Antwort auf diese verworrene Fragewüßte!

Aber, egal was der Weihnachtsmann zuhause trinkt, - wenn er inSchottland ist, trinkt er Whisky. Wie wir alle, besonderswährend den Feiertagen.

Slainte!

Charles MacLean


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